Singlebörsen, was bitte ist daran verwerflich?
Ich bin nun schon einige Zeit Single aber auch Mutter und Geschäftsfrau. Hab oft recht viel um die Ohren und daher sehr wenig Zeit, um mich um meine eignen Herzensangelegenheiten zu kümmern.
Eine Freundin empfahl mir Tinder. Ich erschrak und fragte sie, ob das ihr Ernst sei: ne Singlebörse und dann auch noch Tinder! Da geht es doch nur um schnellen und unkomplizierten Sex. Nee, sowas mach ich doch nicht!
So denken wahrscheinlich die meisten von euch. Und wer hats schon ausprobiert?
Ich hab‘s getan und es war gar nicht so, wie viele meinen. Klar, wer nur auf schnellen und unkomplizierten Sex aus ist, bekommt ihn dort! Aber Tinder, und bestimmt auch diverse andere Singleplattformen, bieten so viel mehr als nur den schnellen Sex.
Im Zeitalter der Schnelllebigkeit und des nie Zeithabens und auch des Internets ist ne online Singlebörse eine super Möglichkeit sich zu verlieben oder einfach nur tolle Menschen kennen zu lernen.
Wie war das früher sooo kompliziert und zeitaufwändig.
Zuerst die Chiffre Kontaktanzeige in der FAZ oder in der Frankfurter Rundschau, es sollte ja auch Niveau haben! Dann das wochenlange Warten auf die Antworten per Brief natürlich. Die meisten handschriftlich verfasst und man glaubt es kaum: auch Nacktfotos wurden verschickt. Nun mussten erst einmal die Hieroglyphen entziffert werden und wenn der Mann infrage kam, wurde ein Brief aufgesetzt, ein Foto beigelegt und ab in die Post. Und auf gar keinen Fall die Telefonnummer vergessen, sonst dauerte es bis zu einem Treffen noch länger.
Das ganze Hin und Her dauerte mind. 4-6 Wochen, bis es endlich zu einem Treffen kam. Da war ja noch gar nicht sicher, ob es denn wirklich passt. Passte es nicht, ging das ganze Spiel mit einem anderen Mann von vorne los. Sehr mühsam!!!!
Das erzählte mir bereitwillig eine Freundin, die die 60 schon überschritten hat.
Auch sie findet die heutigen Möglichkeiten, den Richtigen zu finden, großartig. Warum auch nicht?
Zurück zu meiner Tinder Erfahrung.
Ich meldete mich über Facebook an. Das war schon mal ziemlich unkompliziert. Schnell noch ein paar nette Bilder reingestellt und jetzt noch ne Profilbeschreibung. Hm, was schreibe ich denn? Das war nun erstmal nicht so easy. Ich startete mit -ich weiß, was ich will und was nicht- nicht die beste Idee. Ich wollte damit aussagen, dass ich ne Frau bin, die mit beiden Beinen fest im Leben steht und keine Lust auf wischi waschi hat. Das war irgendwie wohl zu zweideutig. Also legte ich eine ordentliche Profilbeschreibung an mit dem Zusatz, dass ich keine Affäre suche und auch Harems untauglich bin.
Das funktionierte super!
Meistens startete ein Match (ich gehe mal davon aus, dass ihr wisst, wie Tinder funktioniert) mit sämtlichen W- Fragen. Die Frage nach dem Beruf habe ich oft geschickt umgangen. Mit ner Lüge wollte ich nicht starten, denn die hätte ich ja eventuell später irgendwann auflösen müssen. Bei gegenseitiger Sympathie wurde ein Date ausgemacht. Owei ein Date! Alarm!
Nun hatte ich ja schließlich 19 Jahre lang kein Date mehr und meine Freundin wies mich in die Singeldateverhaltensregeln ein.
Immer in einem Café oder einem Restaurant. Nicht zu aufreizend aber auch nicht langweilig anziehen. Irgendwie von allem nicht zu viel aber auch nicht zu wenig.
Wie eigentlich zu erwarten war, war das erste Date ohne Schmetterlinge im Bauch vergangen. Es war trotzdem ein netter Abend. Einige Dates waren es schon und dass ein oder andere ziemlich skurrile war sicherlich auch dabei. Mit jedem Date kam etwas mehr Routine rein. Routine - das, wovor wir doch alle flüchten wollen. Mit der Routine verging mir also leider die Lust am Daten und der Richtige war auch nicht dabei.
Also meldete ich mich nach einem Jahr Tinder wieder ab, um die Suche nach dem Richtigen zu entschleunigen und alles einfach mal so laufen zu lassen.
Ein Jahr Tinder mit 40! Ein toller Buchtitel. Ich finde daran nichts Verwerfliches. Drei wunderbare Freundschaften sind entstanden und wenn wir über das Kennenlernen sprechen, wird es immer lustig!
Ein kleines Hoch auf online Singlebörsen.
Autor: Sybille Schönberger
05. Juni 2018