Können wir oder wollen wir unsere Sinne nicht mehr einsetzen?

Sehen, hören, tasten, schmecken und riechen - ein Geschenk der Natur, um unser Überleben zu sichern!

Ich werde oft gefragt: „Ist das noch gut?“ oder „Woran erkenne ich, wann Fleisch schlecht ist?“

Die Industrie hat unsere Sinne zum Teil einfach lahmgelegt. Mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum verlassen wir uns darauf, dass das Lebensmittel entweder noch gut ist oder eben schlecht.

In Deutschland muss ein Lebensmittel mit einem MHD oder zu verbrauchen bis gekennzeichnet sein. Typisch Bürokratenland? Naja, solange wir unsere Sinne nicht einsetzen, ja gar nicht so schlecht😉

Wenn ich einkaufen gehe und in der Gemüse- und Obstabteilung an den Lebensmitteln rieche (natürlich ohne meinen Riechkolben an den Lebensmitteln zu reiben) werde ich schon des Öfteren schräg angesehen!

Lieder rieche ich viel zu oft nichts und das liegt nicht an meinem Geruchssinn, sondern daran, dass unser Obst und Gemüse derart behandelt ist, um unserem Optischen Anspruch gerecht zu werden, dass der natürliche Geruch auf der Strecke bleibt.

Riecht mal an den Kartoffeln!!!

Viele riechen nach Chemie oder stinken sogar richtig, obwohl sie sehr gut aussehen. Ich kaufe sie definitiv nicht! Aber wie riechen Kartoffeln eigentlich? Ein bisschen nach frischer Erde und Haselnuss und oft etwas süßlich.

Das Riechen und Schmecken müssen wir üben!!! Gerade Riechen ist sooooo wichtig! Die Natur hat es so eingerichtet, dass ein übler Geruch uns suggeriert, dass das stinkende Etwas nicht zum Verzehr geeignet ist!

Gerade als Koch ist es wichtig sich nicht auf das MHD zu verlassen!

Während meiner Kochlehre war ich Vegetarierin und in meiner Zeit auf dem Gardemanger (Vorspeisenküche) musste ich auch das ein und andere Mal Brötchen für eine Konferenzpause belegen.
Salami, Schinken, Camembert und Lachs waren der Renner! Ja, der geräucherte Lachs, den ich auf die Brötchen legte, sorgte für eine Menge Aufsehen.
Ich hatte den fertig aufgeschnittenen aber noch verpackten Lachs mit einem noch nicht überschrittenen MHD aus dem Kühlhaus geholt und die Brötchen damit belegt. Der Service brachte die Brötchenplatten zu den Gästen.
Soweit so gut.
Die Ruhe nach getaner Arbeit hielt nicht lange an. Eine Beschwerde donnerte in die Küche, der Lachs sei doch schlecht!

Geräucherter Lachs stand vor meinem Dasein als Kochlehrling nicht wirklich auf dem Speiseplan also wusste ich weder, wie geräucherter Lachs schmeckt und riecht, noch wie er riecht, wenn er schlecht ist. Die Gäste und mein Souschef schon. Das war vielleicht eine Schreierei!!

Mein damaliger Souschef war zwei Köpfe größer als ich und dreimal so breit und schrie mich an, ich solle nun endlich den Lachs probieren. Wie schon erwähnt, ich war Vegetarierin also probierte ich den Lachs natürlich NICHT! Das ließ ihn nicht weniger schreien. Doch irgendwann beruhigte auch er sich. Die Gäste bekamen frische Lachsbrötchen und der Ärger war ziemlich schnell wieder verflogen.

Ich wusste ab diesem Zeitpunkt auch, wie schlechter Lachs riecht und habe es mir zur Aufgabe gemacht, meine Sinne zu schärfen!
Im Supermarkt in der Kühltheke sind die Lebensmittel verpackt und nun…?

Nun kommt das Auge zum Einsatz!! Ein gekochter Schinken sollte schön rosa sein und nicht grau! Joghurtbecher sollten keine Wölbung nach oben haben. Bei beiden Produkten kann das MHD schon länger überschritten sein und sie sind trotzdem noch gut, denn es ist ein Mindesthaltbarkeitsdatum😉. Bei unterbrochener Kühlung und Keimen in der Verpackung können die Produkte schon vor dem Ablauf des MHDs schlecht sein.

Wie heißt es so schön: Augen auf beim Eierkauf!

Viel Spaß beim Riechen!

Autor: Sybille Schönberger

07. Juni 2018

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