Lügen, flunkern, schwindeln, erdichten, fingieren,...

Ne kleine Lüge in Ehren oder einfach nur nicht alles erzählen?

Ehrlich währt am längsten! So sehe ich das zumindest.

In einem Gespräch mit meiner Freundin stellte sich aber ganz schnell raus, dass ich mit dieser Einstellung, immer bei der Wahrheit zu bleiben, wohl zu den seltenen Exemplaren des Homo sapiens gehöre. Außerdem merkt man mir sowieso sofort an, wenn ich doch einmal versuche zu flunkern. Sogar meine Kinder nehmen mir kleine Flunkereien nicht ab. Und das ist auch gut so!

Ich versuche meine Kinder Werte beseelt, offen, ehrlich und neugierig zu erziehen.
Ich wünsche mir, dass sie mit all ihren Problemen und Sorgen zu mir kommen. Mit dem Wissen, dass sie mir vertrauen und wir immer ehrlich zueinander sein können.

Ich bin der Meinung, dass Lügen – oder schmeichelnder ausgedrückt das nicht alles erzählen Wollen oder das sogenannte Schönreden, was nichts anderes meint, als dass wir ein bisschen an den Tatsachen herumdrehen, damit sie nicht ganz so schlimm erscheinen – vielleicht für den Moment als der richtige oder zumindest der einfachere Weg erscheinen mögen. Doch Lügen kommen früher oder später immer heraus.

Ich muss ca. neun Jahre alt gewesen sein, als ich meinen geliebten Wellensittich Prinz krank auf der Straße gefunden hatte. Ich päppelte ihn auf und er war sehr zutraulich. Eines Tages ging ich wie jeden Tag nach der Schule in die Wellensittichvolliere meines Vaters, um nach Prinz zu schauen und mit ihm zu kuscheln. Doch er war gar nicht wie gewohnt zutraulich. Das kam mir irgendwie merkwürdig vor. Meine Mutter erzählte mir jedoch eine sehr glaubwürdige Geschichte mit der ich gut leben konnte.

Diese Geschichte kam vor ein paar Jahren bei einer Familienfeier auf den Tisch. Meine ältere Schwester Sabine ist eine Vogel Närrin und wir kamen auf die Prinzgeschichte zu sprechen. Meine Mutter wurde ungewöhnlich leise und mit einem Mal rückte sie mit der Sprache raus. Die Katze hatte in der Nacht ein paar Vögel in der Volliere gerissen, darunter war auch mein Prinz. Meine Mutter fuhr ganz Frankfurt ab, um einen Wellensittich zu finden, der ihm ähnelte. Die Mühe hatte sich gelohnt, denn rein optisch war einfach kein Unterschied festzustellen. Und mit der Geschichte meiner Mutter, der Vogel sei ja nun wieder gesund und bräuchte nicht mehr meine Hilfe, war der Drops gelutscht.

Der Neue alte Prinz lebte fortan in der Voliere.

Meine Mutter hatte mir ne perfekte Lüge aufgetischt.
Eigentlich wollte sie mir ja einfach nur Kummer ersparen. Ist es jetzt doch besser zu lügen oder fällt so etwas unter

Notlüge…hm?
Dabei ist es doch so wichtig ehrlich zu sein!

Mit dem Stempel „Person des öffentlichen Lebens“, bekam ich auch diverse Tipps, wie ich mich denn zu verhalten hätte, wenn ich bei Kollegen essen ginge. Es hieß, ich solle auf jeden Fall immer sagen, dass es super lecker geschmeckt habe.

Hm….nicht mein Ding, denn: wenn mir doch immer jeder sagt, wie gut ich koche und mich ständig in den Himmel lobt, mich aber nie wieder im Restaurant besucht, kann es doch gar nicht so gut gewesen sein. Ich bin der Meinung, dass man alles sagen kann, denn der Ton macht die Musik.

Die Wahrheit, verbunden mit Kritik, ist natürlich auch in den sanftesten Tönen oft sehr hart und bestimmt auch nicht leicht anzunehmen. Doch Kritik ist unheimlich wichtig, um sich zu verbessern und entwickeln zu können.

Zum Abschluss noch ein Zitat von Kurt Marti:
„Nach und nach summieren sich alle diese Freundlichkeitslügen, die das Leben angenehmer machen, zur Lebenslüge, die das Leben nicht nur unangenehm, sondern unerträglich machen kann.“

Autor: Sybille Schönberger

31. Mai 2018

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