Ob nun der Alkohol beim Kochen restlos verkocht oder nun doch ein geringer Restalkoholwert im Essen bleibt, da sind sich viele nicht wirklich einig. Tatsache ist, dass reiner Alkohol bei einer Temperatur von und hier nehme ich es mal ganz genau, bei 78,32 Grad verdampft. Doch aufgepasst, die zu veredelnden Komponenten im Gericht wie Gemüse, Fisch, Fleisch und Co, halten Teile des Alkohols fest und nun folgt die Ernüchterung (die wohl beim Verzehr von diesen Speisen ausbleibt) bei einer Kochzeit von 15 Minuten bleibt doch ein erstaunlicher Alkoholanteil von 30 – 40 % bestehen.
Hm ja nun, was tun? Die Gerichte tot kochen? Egal, einfach wie immer mit ordentlich Wein, Bier und Schnaps kochen?
Coq au vin, Zabaione, Boeuf bourguignon, Fonds, Soßenansätze, Cognacrahmsauce, Madeirasauce, Sherry Sauce, Eierlikörkuchen, Rotweinbirnen, …
Gerichte, die ohne ihren Alkohol keinen Bestand hätten.
Ich lernte die klassische Küche. In einen guten Soßenansatz gehört auch ein anständiger Wein. Aber nicht nur Soßen und Suppen wurden mit Wein gekocht auch Farcen (feine Leberkäs Masse😉) ob Fleisch oder Fisch wurden mit einem Schluck hochprozentigem verfeinert. In der Patisserie durfte ein Schluck Schnaps zum Parfümieren nicht fehlen.
Im Laufe meiner Kochkarriere wurde es immer wichtiger, welcher Wein zum Kochen verwendet wurde. Es kam auf den Süße- und Säuregehalt an und welche Aromen der Wein zu bieten hatte und wie sie zu den Gerichten passten. Es wurden nicht irgendwelche Fusel zum Verfeinern der Speisen verwendet. Und ja, vor allem die Weine wollten natürlich vor dem Verkochen probiert werden und da waren zum Teil großartige Schätze dabei. Eigentlich viel zu schade um sie zu verkochen😉.
Eine ganze Zeit lang war ich großer Fan von Portwein und verkochte diesen in Unmengen.
Leberpastete ohne Portwein … damals für mich undenkbar!
Ich dachte nicht wirklich über die umfangreiche Verwendung von Alkohol in der Küche nach. Warum auch? Er verlieh den Gerichten einen wunderbaren Geschmack und es war selbstverständlich mit Alkohol zu kochen.
Bis ich, wie sollte es auch anders sein … ähm, nein nicht, weil ich zur Alkoholikerin wurde, sondern weil ich Mutter wurde und schwupps setzte ein Denkprozess ein, der mich die Verwendung von Alkohol (der Begriff ist ja schon inflationär in diesem Blogeintrag) überdenken ließ.
Leichte Panik stieg in mir auf. Wie sollte ich denn nur eine anständige Soße, ohne einen anständigen Wein zu verwenden hinbekommen. Das Weglassen ging auch nicht von heut auf morgen, da aß der Kleine eben das Essen ohne Soße.
Das war für mich allerdings keine wirkliche Lösung und mein Ehrgeiz war geweckt! Ich experimentierte und änderte meine Art zu kochen. Und, es funktioniert erstaunlich gut! Sogar so gut (omg, jetzt heb‘ ich mich aber ganz schön hoch), dass mir die Gerichte ohne Alkohol viel besser schmecken als mit Alkohol gekochte Speisen. Zu Hause verwende ich zum Kochen überhaupt kein Alkohol mehr und in meinen Kochkursen und Show kochen nur noch sehr wenig und mit Bedacht. Die Zeit in der ich literweise Portwein verkochte ist definitiv vorbei!
Heißt aber nicht, dass ich keinen Alkohol trinke. Ich genieße sehr gerne zu einem guten Essen einen guten Wein oder auch mal ein Bierchen. Doch mit der Tradition des Kochens mit Alkohol habe ich gebrochen und fahre sehr gut damit!
Autor: Sybille Schönberger
06. September 2018